Hinweise zu weiteren, themenverwandten Veranstaltungen in der Region finden Sie evtl. über folgende Links:
- "Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken" mit der Internetseite zur Gedenkstätte Zellentrakt in Herford
- Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Herford
Jürgen Hartmann, Mitherausgeber der Online-Publikation "Rosenland - Zeitschrift für lippische Geschichte", hat zur Oerlinghauser Synagoge ein Padlet erstellt:
https://padlet.com/juergenhartmann1/no6hgwcbm32lhzb8
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Stellungnahme des Vorstandes der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. zum Streit um die Hofsynagoge in der Bruchmauerstraße 37 in Detmold
Schon seit einiger Zeit verfolgen wir mit großer Besorgnis und Ärger den Streit um die Hofsynagoge in der Bruchmauerstraße 37 in Detmold.
Es ist erstaunlich und ein Glücksfall, dass dieses einzigartige, historisch äußerst wertvolle Zeugnis jüdischer Geschichte unserer Stadt Detmold bis heute stand gehalten hat. Die Errichtung des Kerngerüstes wurde auf das Jahr 1633 datiert. Und nicht nur für unsere Stadtgeschichte ist die Synagoge von hoher Bedeutung: Sie gilt als frühester Beleg für den Typ einer freistehenden Synagoge in Nordwestdeutschland. Es handelt sich um ein einzigartiges Zeugnis jüdischer Geschichte. In ganz Norddeutschland sind lediglich zwei frühneuzeitliche Hofsynagogen erhalten. Der heutige Besitzer möchte das Gebäude abreißen lassen und einen Parkplatz auf dem Grundstück errichten. Ein Bemühen um den Erhalt des jüdischen Bethauses ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Fotografien der letzten Jahre zeigen, dass die Synagoge immer mehr zerfällt und es scheint nur eine Frage der Zeit, dass dieses so bedeutende Gebäude bald nicht mehr existieren wird. Ein solcher Verlust ist unbeschreiblich.
In Stadtrundgängen und in der neuesten Auflage ihres Buches "Auf jüdischen Spuren. Ein Stadtrundgang durch Detmold" weist Gudrun Mitschke-Buchholz auf den historischen Wert und den Hintergrund der frühneuzeitlichen Synagoge hin. Darauf basierend entstand ein Stadtrundgang in digitaler Form sowie eine Ausstellung gegenüber der Hofsynagoge an der Bruchmauer, erstellt von der Israel-AG des Grabbe-Gymnasiums unter Leitung von Dr. Oliver Arnhold und Elisabeth Hecker.
Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, Prof. Matitjahu Kellig, engagiert sich im hohen Maße für den Erhalt der Synagoge: Er berichtet in diversen Beiträgen in den Medien über den hohen Stellenwert und den Skandal des Zerfalls der Synagoge. Seine Forderung: Die Hofsynagoge soll restauriert werden und es soll z.B. ein Museum zur jüdischen Geschichte in Detmold entstehen - ein Ort der Begegnung und des Dialoges.
Die hohe Bedeutung dieses Zeugnisses frühneuzeitlicher jüdischer Spuren in Detmold wurde zudem in den letzten Wochen in unterschiedlichen Medien deutschlandweit verbreitet.Neben der Hofsynagoge gibt es in unmittelbarer Umgebung zwei weitere erwähnenswerte Zeugnisse frühneuzeitlicher jüdischer Geschichte in Detmold: (1) Eine Mikwe, ein jüdisches Tauchbad zur rituellen Reinigung, die sich unter der Straße ungefähr auf der Freiligrathstraße 2 befindet. Lediglich eine kleine Hinweistafel weist auf deren Existenz unter der Erde hin. (2) Das Geburtshaus von Leopold Zunz, das in der Krummen Straße stand und 1909 abgerissen wurde. Eine Gedenktafel erinnert an ihn, der ein wichtiger Reformer des Judentums war. Dies einbezogen, lässt sich ein kleines frühneuzeitliches jüdisches Viertel in Detmold um die Bruchmauerstraße vermuten. Ein wichtiges Kapitel und damit Teil der Detmolder Stadtgeschichte.
Leider mussten wir in Gesprächen mit Bürger*innen Detmolds häufig feststellen, dass dieser Teil der Geschichte unserer Stadt weitgehend nicht oder lediglich lückenhaft bekannt ist. Die frühneuzeitliche jüdische Geschichte Detmolds ist nicht im kollektiven Gedächtnis in Detmold verankert. Dies möchten wir ändern.
Wir fordern daher die Sichtbarmachung jüdischer Spuren in Detmold, den Erhalt dieser Spuren, diese einzubringen in die Gedenkkultur der Stadt und damit ins kollektive Gedächtnis. Eine Mikwe, die unter der Erde vergraben ist, ein berühmter jüdischer Reformer, der in Detmold weitestgehend unbekannt ist und eine frühneuzeitliche Hofsynagoge, die ihrem Zerfall überlassen wird, sind ein Skandal und lassen ein nicht berechtigtes Licht auf die Detmolder Gedenk- und Erinnerungskultur werfen. Es erscheint, dass die frühneuzeitliche jüdische Geschichte der Stadt verborgen wird. Wir, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, wissen, dass dem nicht so ist. Durch unsere stets gute Zusammenarbeit u.a. mit der Stadt und den Archiven wissen wir, dass die Aufarbeitung und das Gedenken und Erinnern jüdischer Spuren in Detmold eine uns gemeinsame Herzensangelegenheit ist.
Gemeinsam sollten wir - und damit meinen wir nicht nur die Institutionen, Vereine und Organisationen, sondern jede/n einzelne/n Bürger*in Detmolds - uns für den Erhalt, die Sichtbarmachung und die Verbreitung an die Öffentlichkeit dieser jüdischen Spuren in Detmold einsetzen. Wir sollten diese Spuren jüdischen Lebens als das wertschätzen, was sie sind: ein ganz besonderes Kulturgut und ein wertvoller Teil unserer Stadtgeschichte. Wir sollten uns bewusst sein, dass es ein Glücksfall ist, dass die Hofsynagoge und die Mikwe all die Jahre erhalten geblieben sind und uns dafür einsetzen, dass der Erhalt auch in den nächsten 100 Jahren gegeben sein wird. Wir als Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit befürworten jegliche rechtlich-legitimen Bemühungen, die Synagoge zu erhalten.
Außerdem fordern wir Herrn Schnelle dazu auf, die Hofsynagoge an die Stadt zu verkaufen, so dass eine angemessene Restaurierung und Nutzung in dem von Herrn Prof. Kellig beschriebenen Sinne möglich sein wird.
Wenn Sie unsere Gedanken teilen, möchten wir Sie dazu aufrufen, dies mit Ihrer Unterschrift zu verdeutlichen. Eine Liste liegt im Büro der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im Haus Münsterberg. Das Büro ist immer montags und donnerstags von 14-16 Uhr besetzt. Sollte es Ihnen in diesem Zeitraum nicht möglich sein, ins Haus Münsterberg zu kommen, rufen Sie uns an (05231-29758) oder schreiben Sie uns eine Mail (GfCJZ-Lippe@t-online.de).
Außerdem planen wir derzeit eine Mahnwache vor der Hofsynagoge. Sobald die Vorbereitungen abgeschlossen sind, werden wir Sie über Treffpunkt und Zeit der Demonstration informieren.Wir alle hoffen, dass der Streit um die Synagoge in naher Zukunft ein Ende haben wird und wir eine Lösung finden werden. Setzen wir uns gemeinsam für den Erhalt der Hofsynagoge und Spuren jüdischen Lebens in der Detmolder Stadtgeschichte ein!
Detmold, den 25. Juli 2022
Vorstand der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e. V.
Diese Stellungnahme können Sie als unseren Rundbrief 7/2022 in der PDF-Version herunterladen / This statement can be downloaded as PDF file via our circular 7/2022:
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Religionsgemeinschaften in Detmold positionieren sich zur Hofsynagoge