Dienstag, 11. April 2023 um 16:00 Uhr

Feierliche Enthüllung der Gedenktafel für Joseph Plaut am Landestheater

„Stinkbomben im Landestheater – Nationalsozialistische Radauhelden im Landestheater“

So lautet die Überschrift zum Artikel in der Lippischen Landeszeitung vom 12.04.1932 über den sogenannten Theaterskandal, der sich einen Tag zuvor im Landestheater Detmold ereignete.

Joseph Plaut, in Detmold geboren, war ein bekannter jüdischer Vortragskünstler. Am 11.04.1932 trat er im Landestheater auf und sang u.a. das bekannte und beliebte Spottlied auf die „Lippischen Schützen“. Die Ortsgruppe der NSDAP störte die Aufführung mit Pöbeleien und Stinkbomben, wie es in dem Artikel heißt.

Joseph Plaut überlebte den NS-Terror, da er bereits 1936 emigrieren konnte.

Zum Gedenken an ihn wird am Jahrestag des sogenannten Theaterskandals am 11.4.2023 um 16 Uhr eine Gedenktafel am Landestheater feierlich enthüllt werden. Alt-Bürgermeister Friedrich Brakemeier wird einen Text von Plaut lesen und die Mitarbeiterin des Stadtarchivs Gudrun Mitschke-Buchholz wird an das Leben und Wirken von Joseph Plaut erinnern. Außerdem werden Beiträge des Landestheaters durch Inszenierungen erfolgen.

Landestheater, Theaterplatz 1, Detmold

Theater Intendant Georg Heckel und der Künstler Horst Schneider enthüllen die Plauttafel, © Foto: Gesellschaft f. Chr.-Jüd. Zusammenarbeit in Lippe e. VTheater Intendant Georg Heckel und der Künstler Horst Schneider enthüllen die Plauttafel, © Foto: Gesellschaft f. Chr.-Jüd. Zusammenarbeit in Lippe e. V  Die Plauttafel zu Erinnerung an den Detmolder Theaterskandal vom 11. April 1932 wurde enthüllt, © Foto: Gesellschaft f. Chr.-Jüd. Zusammenarbeit in Lippe e. VDie Plauttafel zu Erinnerung an den Detmolder Theaterskandal vom 11. April 1932 wurde enthüllt, © Foto: Gesellschaft f. Chr.-Jüd. Zusammenarbeit in Lippe e. V

Die Plaut-Gedenktafel, © Foto: Gesellschaft f. Chr.-Jüd. Zusammenarbeit in Lippe e. VDie Plaut-Gedenktafel, © Foto: Gesellschaft f. Chr.-Jüd. Zusammenarbeit in Lippe e. V

 

Dienstag, 7. Februar 2023

Übergabe der Unterschriftensammlung für den Erhalt der Hofsynagoge an die Regierungspräsidentin

 

Übergabe der Unterschriffenlisten an Regierungspräsidentin Frau Bölling
Herr Arnhold (GfCJZ, l.) übergibt die Unterschriftenlisten an die Regierungspräsidentin, Frau Bölling in Anwesenheit vom Detmolder Bürgermeister, Herrn Hilker (r.). ; Foto: © GfCJZ-Lippe

 

Am Dienstag, den 7.2.2023 um 11.30 Uhr, übergab die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit insgesamt 1119 Unterschriften für den Erhalt der Detmolder Hofsynagoge in der Bruchmauerstraße an die Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling vor der Bezirksregierung Detmold. Bei der Übergabe waren ferner zugegen: der Detmolder Bürgermeister Frank Hilker, die jüdische Vorsitzende der Gesellschaft, Joanne Herzberg, die katholische Vorsitzende der Gesellschaft, Christine Tellbüscher-Beckfeld, der Schatzmeister der Gesellschaft, Rüdiger Schleysing, und der evangelische Vorsitzende, Dr. Oliver Arnhold.

Mit folgenden Forderungen der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zeigten sich die Unterzeichner*innen solidarisch:

„Die Hofsynagoge in der Bruchmauerstr. 37 in Detmold, deren Errichtung auf das Jahr 1633 datiert wurde, steht unter Denkmalschutz. Sie stellt ein einzigartiges Zeugnis jüdischer Geschichte in Detmold dar. Dennoch verfällt sie zusehends und ihre Existenz ist durch Abrisspläne des Eigentümers akut gefährdet. Weitere Informationen und Gedanken dazu finden sich auf der Homepage der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. unter www.gfcjz-lippe.de.
Wir fordern den Eigentümer auf, die Hofsynagoge an die Stadt Detmold zu verkaufen. Wir befürworten, dass die Stadt Detmold rechtliche und finanzielle Möglichkeiten ausschöpft und sich dafür einsetzt, dieses besondere Denkmal als Teil der Detmolder Stadtgeschichte zu erhalten. Wir unterstützen die Idee, dass in einer restaurierten Hofsynagoge ein Museum zur jüdischen Geschichte in Detmold und ein Ort der Begegnung und des Dialogs entstehen sollte.“

Die Übergabe der Unterschriften an die Bezirksregierung ist mit der Hoffnung verbunden, dass die Behörde zeitnah weitere Schritte unternehmen wird, um den Erhalt dieses Kulturdenkmals sicherzustellen, und dass vor allem der zunehmende Verfall des historischen Gebäudes endlich aufgehalten wird. Gerade die Zunahme von antisemitischen Denkstrukturen in unserer Gesellschaft und die besondere Verantwortung gegenüber jüdischem Leben in Deutschland, die sich aus der nationalsozialistischen Vergangenheit ergibt, erfordern in dieser Angelegenheit rasches und energisches politisches Handeln.

GfCJZ. 8. 2. 2023

Über die Übergabe der Unterschriftenlisten berichtete auch die Lippische Landeszeitung am 8. 2. 2023: Detmolder Hofsynagoge: Unterstützer hoffen auf Hilfe der Bezirksregierung

 

Samstag, 29. Januar 2022

Neue Stolpersteine in Detmold erinnern an Morde in der Zeit des Holocausts

Thomas Krügler

Der Künstler Gunter Demnig hat auf Einladung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GfCJZ) im Haus Münsterberg einen Vortrag über seinen künstlerischen Werdegang und das Projekt „Stolpersteine“ gehalten. Einen Tag später verlegte er sieben neue Stolpersteine in Detmold.

Er studierte ab 1967 Kunstpädagogik und Industrial Design in Berlin und Kassel. Demnig bezeichnet sich selbst als „Spurenleger“. Die ersten Stolpersteine verlegte er Anfang der 90er Jahre inoffiziell und ohne Genehmigung vor dem Kölner Rathaus. Seitdem hat sich Demnigs Projekt mit 90.000 Stolpersteinen in 26 europäischen Ländern zur weltweit größten dezentralen Gedenkstätte entwickelt.

Kunst hat für ihn immer eine politische Dimension. Während des Vietnam-Kriegs hisste er eine US-amerikanische Flagge mit Totenköpfen. Das brachte ihm drei Stunden Knast und jede Menge Aufmerksamkeit ein. Seitdem ist Kunst im öffentlichen Raum sein Metier. So experimentierte er in den 80er Jahren mit Farbspuren über Ländergrenzen hinweg.

Die Idee zu den Stolpersteinen kam ihm, als er 1990 die „Spur der Erinnerungen“ legte, die den Weg markierte, auf dem Nazis in Köln einst 1000 Roma und Sinti zum Abtransport in die Vernichtungslager getrieben hatten. Die Steine erinnern vor allem an jüdische Opfer, aber auch an Sinti und Roma, Homosexuelle, politisch Verfolgte und Behinderte. Die Menschen sollen über die Verbrechen der Nazis im Alltag stolpern. Sie erinnern an Einzelschicksale und geben den Opfern des Holocaust ihre Würde zurück. Im jüdischen Talmud heißt es: „Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Für sein Engagement wurde Demnig inzwischen mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er erhielt aber auch drei Morddrohungen.

Kritiker bemängeln, dass auf den Namen ermordeter Juden mit Füßen herumgetrampelt werde und sie für Verschmutzungen und Vandalismus anfällig seien. In München dürfen daher keine Stolpersteine verlegt werden. In Greifswald wurden zum Jahrestag der Novemberpogrome 2012 Stolpersteine aus dem Pflaster gerissen, worauf sich das Spendenaufkommen der Stiftung Stolpersteine vermehrte. Der Sorge, Neonazis könnten mit Springerstiefeln auf dem Andenken der Opfer herumtrampeln, hält Demnig entgegen, dass die Steine so umso blanker strahlen. „Wer eine Inschrift auf einem Stolperstein lesen will, muss sich vor dem Opfer verbeugen und erweist ihm so die Ehre.“

Joanne Herzberg, die vor fünf Jahren aus St. Louis in Missouri nach Detmold kam, hat vor zwei Jahren das Projekt Stolpersteine in Detmold vorangetrieben. Fünf Steine erinnern seitdem in der Karlstraße an das Schicksal ihrer Vorfahren. Auch wenn sie gleich einen Tag später mit roter Farbe beschmiert wurden, lässt sie sich nicht entmutigen. Auf Initiative der GfCJZ ist die Anzahl nun auf 13 Steine angewachsen und weitere sollen folgen.

Bürgermeister Frank Hilker freute sich, dass der Weg für die neuen Stolpersteine durch eine Satzungsänderung geebnet wurde, da nun das Einverständnis der Eigentümer eines Hauses, vor dem Steine verlegt werden, nicht mehr zwingend erforderlich ist. Barbara Klaus, katholische Vorsitzende der GfCJZ, lobte die kurze Zeit von acht Monaten vom Antrag bis zur Realisierung. Samstag wurden sieben neue Steine an drei Standorten in Detmold eingeweiht. Eigentlich sollten es neun Steine werden. Wegen einer Baumaßnahme kommen zwei Steine später hinzu. Musikstudentin Jessika Zehnpfenning umrahmte die Verlegung mit Klageliedern auf der Klarinette. Schüler der Geschwister-Scholl-Gesamtschule und des Grabbe-Gymnasiums, die die Pflegepatenschaft der Steine übernehmen, legten weiße Rosen nieder. Kirchliche Vertreter sprachen Gebete.

An der Hermannstraße 29 gedenken nun vier Steine der jüdischen Familie Valk. Samuel Valk, Ehefrau Hedwig und die beiden Töchter Hilde und Edith wurden am 10. Dezember 1941 nach Riga deportiert und 1944 im Konzentrationslager Stutthof ermordet.

Vor dem Haus Hornsche Str. 23 liegt ein Stolperstein, der Hildegard Kleesiek gewidmet ist. Die Katholikin kam 1943 im Alter von 20 Jahren als asozial Stigmatisierte ins Konzentrationslager Ravensbrück, wo sie am 7. Dezember 1944 ermordet wurde.

Auf dem Schulhof des Grabbe-Gymnasiums erinnern zwei Steine an die christlich konfirmierten Schwestern Anneliese und Margarete Lükermann. Sie wohnten in der Werrestraße 12 (heute Georg-Weerth-Straße) und wurden nacheinander in die Heilanstalt Eben-Ezer Lemgo eingewiesen. 1945 starben sie im Lindenhaus Brake. Ihr Tod wurde durch rasseideologisch motivierte Unterversorgung psychisch Kranker und Behinderter verursacht.
Für das jüdische Ehepaar Kauders werden nach Umbauten noch zwei Steine in der Langen Straße verlegt. Sie wurden in Auschwitz ermordet - der 8. Mai 1945 wurde später amtlich als Todestag festgelegt.

Stolpersteine sind quadratisch, aus Beton und mit einer von Hand beschrifteten glänzenden Messingplatte versehen, auf denen die Lebensdaten der Opfer stehen. Insgesamt 124 Stolpersteine finden sich in Lippe, davon 22 im Ortskern von Bad Salzuflen, 34 in Schötmar, 51 in Lemgo, 4 in Barntrup und neuerdings 13 in Detmold. Jeder Stein kostet 120€. Die Finanzierung der Steine ist durch Spenden abgesichert. Detmolder Schüler kümmern sich um die Pflege der Steine. Der Verlegung voraus geht immer eine genaue Recherche über das Leben derer, die auf den Tafeln verewigt werden. Der WDR bietet die App „Stolpersteine NRW“ an, die über die rund 15.000 Stolpersteine in Nordrhein-Westfalen informieren.

 

Über die Menschen, an die mit den Stolpersteinen in Detmold erinnert wird, kann man im digitalen Gedenkbuch für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Detmold von Gudrun Mitschke-Buchholz oder in Einzelbiographien nachlesen:

 

 Name

Stolpersteinadresse
(Link zu Stolpersteine NRW)
HEISS, Irmgard, geb. Stellbrink Hubertusstraße 10
HERZBERG, Betty Gerda Lange Straße 71
HERZBERG, Johanna, geb. Frank Lange Straße 71
HERZBERG, Moritz Lange Straße 71
HERZBERG, Martha Marianne, geb. Examus Lange Straße 71
HERZBERG, Fritz Fred Lange Straße 71
VALK, Edith Hermannstraße 29
VALK, Hedwig, geb. Lion Hermannstraße 29
VALK, Hilde Hermannstraße 29
VALK, Samuel Hermannstraße 29
KLEESIEK, Hildegard Hornsche Str. 23
LÜKERMANN, Anneliese Georg-Weerth-Straße 12
Schulhof des Grabbe-Gymnasiums
LÜKERMANN, Margarete Georg-Weerth-Straße 12
Schulhof des Grabbe-Gymnasiums
   
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